Sinn und Zweck

Artenreiche Blühwiesen sind überlebenswichtige Biotope (und mittlerweile leider häufig „Rettungsinseln“) für eine Vielzahl von Insekten. Dort finden diese Nektar in Hülle und Fülle und bei rücksichtsvoller Pflege auch Brutrefugien. Von den Insekten wiederum profitieren Vögel, Amphibien, Kleinsäuger, Reptilien, Fische etc. Auf einer gut gestalteten Blühwiese können wir das „pralle Leben“ beobachten. Oftmals ziehen diese Flächen Arten aus dem gesamten Umkreis „magnetisch“ an. Und auch für uns Menschen bietet eine solche Wiese einiges: Entspannung, Glück, Freude, Abwechslung, Bewegung (die Anlage und Pflege einer Blühfläche ist durchaus auch „Sport“), das Gefühl, das „Richtige“ zu tun, Entschleunigung, Gesundheit etc.

Artenreiche Wiesen und Weiden sind in Mitteleuropa die Biodiversitäts-Hotspots.

(Quelle: Spatz 2017, S.20)

Je vielfältiger zudem der Mix aus hohen und niedrigen, breiten und schmalen Stängeln, Blättern und Blüten ist, desto besser werden alle Ressourcen genutzt (…). Ein hochwillkommener Nebeneffekt ist, dass in artenreichen Wiesen die reichhaltigeren Mikroben vermehrt anfallende Schadstoffe abbauen. Das ist essentiell für sauberes Grundwasser.

(Quelle: Berthold 2017, S. 149)

Was ist zu beachten?

Eine Blühwiese anzulegen ist nicht schwierig, dennoch sind einige Dinge zu beachten. Auf der Basis von mittlerweile über 100 angelegten Wildblumenwiesen (bzw. Wildblumen- + Kulturartenwiesen) (z.B. innerhalb der Projekte „Blumiges Melle“ und „Blumiger Landkreis Osnabrück“), einer Fülle von Gesprächen mit unterschiedlichen Naturschutzgruppen, Saatgutherstellern, Mitgliedern des Netzwerkes „Blühende Landschaft“ und einer Veranstaltung der Bingo! Umweltstiftung Niedersachsen („Anlage von artenreichen Wildblumenwiesen“ am 17.1.2018 in Hannover) geben wir nachfolgend verschiedene Tipps und Hinweise.

Blühwiesen sind übrigens für die „klassische“ Honigbiene tendentiell eher „uninteressant“ (Honigbienen sind bevorzugt Trachtsammler, fliegen also z.B. gerne Rapsfelder an). Natürlich weichen sie aber bei Nahrungsmangel auch auf „Blühwiesen“ aus).

Standortwahl

Wichtig ist eine möglichst sonnige Fläche. Gut geeignet sind lehmig-sandige Böden. Je nährstoffärmer (!) desto besser. Es gibt nur wenige Areale, welche prinzipiell nicht so gut geeignet sind (nach Netzwerk Blühende Landschaft 2016):

  • Vernässte, verdichtete oder torfige Flächen
  • Flächen auf denen viele konkurrenzstarke, spontan auftretende Gräser (Quecke, Ital. Raigras, Hirsen) und/oder spezielle Pflanzen wie z.B. Ackerkratzdisteln, Ampfer, Winden, Weißklee, Klettenlabkraut) vorhanden oder zu erwarten sind
  • Sehr schattige Standorte

Setze regionales Saatgut ein

Regionales Saatgut (auch autochtones Saatgut genannt) ist den herkömmlichen Mischungen (z.B. aus dem örtlichen Baumarkt) unbedingt vorzuziehen. Regionales oder regiozertifiziertes Saatgut ist optimal an die regionalen Bedingungen angepasst (Klima, Boden), sodass die Pflanzen dann auch entsprechend wachsen. Es existieren interessante Studien (z.B. Durka et al. 2016, Bucharova et al. (2016)), welche belegen, dass ein und dieselbe Art mit unterschiedlicher Herkunft einen Unterschied von bis zu 10% in der Biomasse (und damit auch in den Blütenständen) ausmachen kann. Anders formuliert: Die Schafgarbe, deren Saatgut aus Osteuropa stammt, wächst in West-Niedersachsen lange nicht so gut, wie die dort (!) vorkommende Schafgarbe. Gebietsfremde Arten (also Arten, welche lokal „natürlich“ überhaupt nicht vorkommen) können zuweilen sogar gänzlich ungeeignet sein, weil die regionalen Insekten diese schlichtweg nicht „besuchen“. Konkret: Eine Insektenart, welche sich an einem bestimmten Standort befindet, ist in seiner Nahrungsaufnahme natürlich auch an die regionale Artenvielfalt gebunden.

Vorteile des regionalen Saatgutes sind:

  • Die ausgesäten Pflanzen sind typische Arten der Region (und attraktiv für regionale Insekten) und prägend für die heimatliche Landschaft
  • Sie sind hervorragend an die Standorte und die Bedingungen in der Region angepasst und sind vielfach die Grundlage unserer regionalen Lebensräume sowie der dort lebenden Tiere
  • Ihre Blüten bieten Nahrung für die vielen heimischen Insekten wie z. B. für die Wildbienen. Mit und an ihnen leben und vermehren sich die „lokalen“ Insekten, die zwingend notwendig für das Überleben aller Jungvögel, insbesondere der Bodenbrüter sind
  • Wenn Du also Saatgut erwirbst, dann bedenke, dass Deutschland in insgesamt 22 Saatgut-Zonen aufgeteilt ist. Kaufe das Saatgut, welches für Deine Region auch optimal nutzbar ist. Die Karte kannst Du hier einsehen

Bei Saatgutmischungen kannst Du zwischen ein- und mehrjährigen Mischungen wählen. Einjährige Mischungen sind tendentiell eher für „Generalisten“ unter den Insekten geeignet. Die mehrjährigen Mischungen helfen eher „spezialisierten“ Insektenarten. Der große Vorteil bei mehrjährigen Mischungen ist, dass Du im Folgejahr keine weitere Aussaat bzw. Bodenbearbeitung durchführen brauchst. Zu einjährigen Mischungen: „Diese Mischungen bedürfen allerdings einer jährlichen Neubearbeitung des Bodens inklusive Einsaat und bieten hauptsächlich den Generalisten unter den Bestäubern gute Nahrungsquellen“ (Quelle: Holler 2018). Einjährige Mischungen enthalten oftmals Kulturarten, welche frostempfindlich sind und daher im zweiten Jahr nicht mehr wachsen werden.

Die Einsaat

Bildquelle: Die Wubbjes helfen der Natur - Das Einpflanzbuch

Bildquelle: Die Wubbjes helfen der Natur – Das Einpflanzbuch, http://das-einpflanzbuch.de

Zunächst ist es (bei den meisten Saatgut-Varianten) wichtig, dass der Boden möglichst frei von Bewuchs ist. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Mit schwerem Gerät pflügen
  • Mit „mittelschwerem Gerät“ fräsen
  • Mit leichtem Gerät manuell bearbeiten (Sport inklusive ;-)) Gartenhacke, Gartenkralle, Harke etc.
  • Eine Bearbeitung sollte bis maximal 20 cm Tiefe stattfinden

Ggf. kann vor der Ansaat eine sog. „Schwarzbrache“ durchgeführt werden. Das bedeutet, dass der Boden mehrfach z.B. mit einer Fräse bearbeitet wird. Das sich im Boden bereits befindliche Saatgut besteht oft aus Lichtkeimern und wird dann zum Keimen gebracht. Nach der Keimperiode wird dieses mechanisch zerfräst und dann das Blühpflanzen-Saatgut ausgesät.

Es kann für das Wachstum einer Blühwiese sinnvoll sein, die geplanten Standorte schon im Herbst zu bearbeiten (umgraben, grubbern, fräsen) und dann noch einmal im Frühjahr (um Beikräuter zu reduzieren). Diese Form der Vorbereitung minimiert das Risiko, dass die Blühwiese „nichts wird“. Aus Erfahrung der Betreiber dieser Plattform ist jedoch zu sagen, dass auch eine „Ein-Saison-Vorbereitung“ (lediglich kurz vor der Einsaat) in der Regel gute Ergebnisse bringt.

Muss denn tatsächlich immer ein Umbruch stattfinden? Ist es also sinnvoll, dass eine vorhandene Fläche generell gepflügt, gefräst oder mit einer Gartenhacke bearbeitet wird, um dann dort eine Blühwiesenmischung auszusäen?
Nein, auf bestehendem Grünland (landwirtschaftlicher Nutzungstyp) kann es sinnvoll sein, eine „Aufwertungs-Saatgutmischung“ einzusetzen. In einem solchen Falle würde der Boden nicht komplett „umgebrochen“ sondern lediglich leicht angefräst werden. Anschließend wäre beispielsweise eine Wildkräuter-Mischung auszusäen. So können bereits vorhandene regionale Wildpflanzen beibehalten und entsprechend ergänzt werden. Ökologisch kann dieses sinnvoller als ein Komplett-Umbruch sein. Wie Spatz (2017, S.21) schreibt: „Besonders artenarme Flächen, bei denen ein natürlicher Sameneintrag aus der näheren Umgebung nicht zu erwarten ist, können mit einer umbruchlosen Ansaat (Bodenbearbeitung ist jedoch unabdingbar!) mit gebietsheimischen Wildkräutern aufgewertet werden.“

Prinzipiell ist es übrigens so, dass eine Wildblumenwiese auch lediglich durch eine entsprechende Flächenpflege erreicht werden kann. Dieses setzt jedoch voraus, dass ein genügender Saatgut-Austausch (Wind, Vögel) vorhanden ist (inmitten von Monokulturen wird das vermutlich nichts) und über einen längeren Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) eine solche Fläche zumeist zwei mal im Jahr gemäht wird. Dieses erfordert natürlich deutlich mehr Geduld als bei der direkten Aussaat einer Mischung notwendig ist. Spatz (2017, S.21) schreibt: „Schon eine Änderung des Mahdkonzeptes durch Reduzierung der Schnitthäufigkeit, Abfuhr des Mähguts und eine schonende Mahdtechnik wird mittel- bis langfristig zu einer artenreicheren Wiese führen. Je nach Wüchsigkeit können dies ein bis drei Schnitte pro Jahr mit einem Langgrasschneider(Messerbalken oder Sense) sein, denn Wiesen bestehen aus ausdauernden Gräser- und Staudengesellschaften, die den Schnitt zum langfristigen Überleben benötigen.“

Wichtig ist, dass das Saatgut direkt auf die Erde (auf ein feinkrümeliges Saatbett) fallen kann. Anschließend kann dieses dann angewalzt oder angestampft werden. Optimal ist es, wenn dieses ohne deckende Erdschicht, angewalzt auf dem Boden liegt.

Erst durch das Anstampfen/Anhüpfen/Anwalzen des Saatgutes gelingt eine seriöse „Bodenhaftung“, welche für ein gleichmäßiges Wachstum wichtig ist.

Ein bißchen Schwund beim Saatgut kann es immer geben. Natürlich wird oftmals auch etwas durch Vogelfraß verschwinden. Da jedoch pro Gramm Saatgut zuweilen über 1000 Körnchen verteilt werden, ist das zu vernachlässigen. Sollten jedoch „Horden von Vögeln“ die Flächen aufsuchen, so kann es sinnvoll sein, das Saatgut mit Strohhäckseln abzudecken. Dieses gilt auch bei sehr schwierigen Standortbedingungen wie z.B. extremer Sonneneinstrahlung, Bodenerosion, zu erwartenden Frösten.

Erfahrungsbericht 2017: In einigen Experimenten haben wir zuweilen Saatgut auch ganz leicht (0,5 – 1 Zentimeter) eingefräst. Dieses hat jedoch den Nachteil, dass sehr feinkörniges Saatgut ggf. nicht zum Wachstum/zur Blüte kommt. Zudem handelt es sich bei vielen Saatgut-Varianten um „Lichtkeimer“. Andererseits hatten wir im Jahre 2017 einige Fälle, in welchen wir Saatgut (nach Lehrbuch) angewalzt hatten und auf eine klimatische Wärmeperiode eine mehrtägige Kälteperiode folgte.
Das angewalzte Saatgut keimte und die Keimlinge starben aufgrund der Kälte fast vollständig ab. Ein Teil des Saatgutes war damit „hinüber“. Die leicht eingefrästen Samen/Keimlinge hingegen waren durch die Erdschicht „kälteisoliert“ und blühten dann einige Wochen später in allen Farben. Die „Einfräs-Variante“ ist jedoch nicht die Optimal-Lösung – das soll an dieser Stelle betont werden – und wird von den meisten Saatgut-Herstellern auch ausdrücklich nicht empfohlen.

Grundsätzlich sind die Hinweise der Saatguthersteller natürlich immer zu beachten. Jedes Saatgut ist unterschiedlich, sodass es bei der Vielfalt der Saatgut-Variationen keine allgemeingültigen Ratschläge (sondern lediglich Tendenz-Hinweise) geben kann. Es sind immer auch Besonderheiten möglich. Je nach Saatgut ist eine Aussaat ab März oder April günstig. Es gibt aber auch Mischungen, welche im Spätsommer (Mitte August bis Ende September) eingesät werden können.

Erfahrungsbericht 2018: Im Jahre 2018 z.B. gab es einen extrem heißen und trockenen Frühling/Sommer (dürfte wohl noch öfter vorkommen). Das im Frühjahr ausgesäte Saatgut entwickelte sich auf vielen Flächen nur sehr langsam und kärglich. Ein Blüheffekt blieb auf 3 Flächen (von etwa 40) komplett aus und geschah auf den meisten Flächen mit einer starken, mehrwöchigen Verzögerung. Die Areale jedoch, auf welchen im Jahre 2017 eine Spätsommer-Saat/Frühherbst-Saat ausgesät wurde, blühten (aufgrund der Bodenfeuchte im Winter) in voller Pracht und deutlich schneller als die Frühjahraussaat.

Bei der Auswahl des Saatgutes ist immer auch der Bodentyp zu beachten. Du brauchst den Boden natürlich nicht extra in ein Labor zur Analyse zu schicken, solltest aber schon ungefähr wissen, ob Du dich auf einem z.B. sandig-mageren Standort oder aber einer Fläche befindest, welche in der Vergangenheit z.B. stark mit Gülle angereichert wurde. Auf dieser Seite http://insektenrettung.de/den-standort-einer-bluehwiese-planen-2/ erfährst Du, welcher Bodentyp in Deiner Region vorkommt.

Das Schöne und Spannende ist: Natur ist nicht planbar. Egal, wie viele Aspekte Du beachtest, egal, welche Vorbereitungen Du triffst: Überraschungen sind immer möglich.

Der Aussaat-Standort sollte in der Regel sehr sonnig sein. Je nach Saatgut-Variante kann aber auch im Tagesverlauf noch eine leichte Schattenperiode akzeptabel sein.

Blühwiesen sollen möglichst nicht gedüngt werden. Je nährstoffärmer desto besser (!!). Nährstoffe können dem Boden dadurch entzogen werden, dass eine durchgeführte Mahd von dem Boden abgetragen wird (damit haben wir ganz ausgezeichnete (!!) Erfahrungen gemacht) oder aber sogar der nährstoffreiche Oberboden entfernt wird. Sehr „reiche“ Boden können auch durch die Zugabe von Sand „verarmt“ werden. Spatz (2017, S.21) merkt an: „Allerdings kann auf sehr mageren Standorten durch unzureichende Phosphor- und Kaliumzufuhr Nährstoffmangel auftreten, der einen Rückgang an Kräutern zugunsten von Gräsern bewirkt. Mit organischer oder mineralischer Düngung kann hier ggf. ein Ausgleich geschaffen werden.“

Weniger ist mehr: In der „Bedienungsanleitung“ des Saatgutes steht, wie viel Gramm/m² auszusäen sind. In der Regel reichen schon 2 g/m² (noch nicht einmal ein halber Handteller vor). Das bedeutet aber je nach Saatgut: 1.000 – 4.000 Samenkörnern/m².

Im ersten Jahr unserer Projekte haben wir es zuweilen auf den Flächen etwas „zu gut gemeint“ und zu viel bzw. vor allen Dingen „zu ungleichmäßig“ ausgesät. Das führte dazu, dass sich dort zunächst nur wenige Arten entwickeln konnten. Die „starken“ Arten setzten sich gegen „die Schwachen“ durch. Es empfiehlt sich das Saatgut „zu strecken“ (z.B. mit Sand oder Erde, Sägemehl oder z.B. Sojaschrot), sodass die Aussaat leichter ist (es ist ansonsten oftmals schwierig Einzuschätzen, wie viel Gramm man aktuell tatsächlich aussät. Schnell verschätzt man sich hierbei und sät dann zu viel).
Konkret: Überlege Dir, wie groß die Fläche ist, auf welcher Du aussähst, und wie viel Gramm Saatgut Du somit benötigst. Dieses füllst Du z.B. in einen Eimer und streckst das Material dann mit Sand oder anderem Füllstoff. Anschließend sähst Du aus…

Geduld, Geduld, Geduld, es dauert einige (manchmal etliche) Wochen, bis erste Resultate sichtbar sind. Bei einer langen Trockenperiode (2018) haben wir zuweilen erst nach 10-12 Wochen erste Resultate gesehen

Wenn Du die Möglichkeit hast, dann halte den Boden in den ersten 2 Wochen nach der Einsaat feucht. Gut ist es, wenn Du alle 2 bis 3 Tage bei trockener Witterung etwa 10 Liter Wasser/m² ausbringst (vgl. auch Holler 2017). Sinnvoll ist es natürlich auf den Wetterbericht zu achten und ggf. kurz vor einer feuchten Witterung auszusäen.

Die Mahd

Geeignete Mäh-Instrumente sind insbesondere eine klassische Sense, ein Balkenmäher und vor allen Dingen (in der Praxis wohl aber kaum vorhanden) Weidetiere (Schafe, Ziegen, Pferde etc.).

Um langfristig etwas von der Blühwiese „haben zu können“ ist mindestens eine Mahd pro Jahr notwendig (besser sind zumeist zwei Mahd-Durchführungen). Eben diese Nutzungsform ist es ja auch (neben der Beweidung), welche die Biodiversiätsausprägung überhaupt hervorgebracht hat. Es gibt jedoch auch Saatgutmischungen (wie z.B. die Mischung „Blühende Landschaft“ der Firma Rieger-Hofmann, welche in ihrem Erscheinungsbild einen „Blühwiesencharakter“ (+ zusätzliche Kulturarten) aufweisen, aber eher als Ansaat für eine Brache zu verstehen sind. Eine Sommermahd ist bei dieser Mischung tendentiell sogar kontraproduktiv und kann dazu führen, dass sich Samenstände nicht ausbilden. Es kommt hinsichtlich der Mahd-Durchführungen immer auch auf den Standort, das Saatgut und die Entwicklung der Saatgutmischung an.

Zuweilen passiert es, dass „nicht gewollte Pflanzen“ die Pflanzen der Saatgutmischung in einem frühen Stadium überwuchern/überwachsen. Dann kann es sinnvoll sein, in den ersten 3-6 Wochen nach der Ansaat (wenn die Pflanzen der Saatgutmischung noch sehr klein sind) einen sog. Schröpfschnitt durchzuführen (die Mahdhöhe sollte hier höher als 7cm sein).

Der erste Schnitt sollte Ende Mai bis spätestens Johanni (24. Juni) erfolgen. Laut Ernst Rieger, Wildblumenexperte der Rieger-Hofmann GmbH, ist die Vollblüte der Margeriten Indikator für den richtigen Mahdzeitpunkt. Das Mähgut muss unbedingt von der Fläche abgetragen werden. Mit einem frühen Schnitt (Ende Mai bis Johanni) nehmen wir den hohen Gräsern viel ihrer enormen Wüchsigkeit, die diese im Frühjahr hervorbringen. So schaffen wir ausreichend Licht für die konkurrenzschwächeren Blumen. Bei der frühen Mahd haben einige Arten ihre Samenbildung noch nicht abgeschlossen, sie bilden im Laufe des Sommers einen neuen Blütenstand, der im Spätsommer ausreift. Um der Samenbildung die nötige Zeit zu geben, sollte der zweite Schnitt erst Mitte/Ende August bis Mitte September erfolgen. Die Samen dieser Blüten reichen aus, um die Arten der Wiese zu erhalten und die weitere Ausbreitung blühender Kräuter zu befördern.

Quelle: Spatz 2017, S. 21, vgl. auch http://www.rieger-hofmann.de/index.php?id=230

Als wichtige Informationen zum Mahdzeitpunkt werden auch diese Info-Seiten von Rieger-Hofmann nahegelegt.

Warum ist es wichtig, das Mahdgut abzutragen oder abzuharken?

Durch die Entfernung das Mahdgutes erhalten die Pflanzen das Licht, welches sie benötigen. Zudem werden der Fläche dadurch Nährstoffe entzogen, was für eine Blühwiesenentwicklung förderlich ist.
Gute Erfahrungen haben wir mit der Praxis gemacht, an sehr warmen und trockenen Tagen zu mähen, das Mahdgut einige Tage austrocken (und aussamen) zu lassen, und es dann abzuharken

Zum Abharken sind die klassischen Heuharken (mit abgerundeten Zinken aus Buchenholz) optimal geeignet. Auch Mistforken eignen sich sehr gut um zusammengeharktes Heu abzutragen.

BITTE NIE!! bei der Mahd die gesamte Fläche auf einmal mähen. Sollten in der näheren Umgebung keine weiteren Blühwiesen sein, so wäre dieses für die Insekten fatal. Eine Auslöschung der Rettungsinsel würde dazu führen, dass die einzige Pollen- und Nektarquelle verschwindet – mit schlimmen Folgen für die Insekten. Zu empfehlen ist es zunächst 50% der Fläche zu mähen und die andere Hälfte etwa 6 Wochen später zu kürzen.

Auch wichtig: Gut ist es, wenn etwa 10% der Fläche über Jahre garnicht gemäht wird. Viele Wildbienen z.B. sind Stängelbrüter und legen dort ihre Eier ab. Dieses geschieht übrigens in der Regel erst im zweiten Jahr des „Stängel-Stehen-Lassens“, da diese dann erst porös genug sind, um von den Wildbienen besucht zu werden.

Abschnittsweises Mähen in der Fläche oder von verschiedenen benachbarten Flächen sorgt dafür, dass die Tierwelt der Wiese nicht auf einen Schlag Nahrungsgrundlage und Lebensraum verliert. Bleibt das Mahdgut zudem noch einige Tage zum Trocknen auf der Fläche, wie beim Heu machen, können mehr Samen ausfallen und die tierischen Wiesenbesucher (Falter, Bienen und allerlei andere Insekten) in die noch ungemähten Flächen übersiedeln.

Quelle: http://www.rieger-hofmann.de/index.php?id=230 01/2019

Wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt in einer Wiese ist auch das abschnittsweise Mähen, damit ein kontinuierliches Blühen nebst Samenentwicklung sowie zum Jahresende auch Überwinterungsräume möglich sind. Eine großflächige Mahd kann einen kompletten Nahrungsausfall nach sich ziehen, was für viele Insekten tödlich ist, oder die gerade in der Wiesenfläche lebenden Insekten direkt töten.

(Quelle: Segerer, Rosenkranz 2018, S. 148)

Aus Faustregel beim Mähen gilt: Je größer die Maschine, desto größer ist die Gefahr für Insekten, Kleinsäuger, Amphibien, Reptilien etc. die Mahd nicht zu überleben. Eine besonders schonende Mahd kann durch Weidetiere im Sinne einer Stossbeweidung stattfinden.

„Die Stoßbeweidung ist eine kurzfristige intensive Beweidung mit einer hohen Besatzdichte. Sie kommt in ihrer Wirkung auf den Pflanzenbestand einer Mahd nahe, die aber Amphibien und Insekten schont“ (LLUR 2010, S. 15). Und weiter: „So fördert ein kurzfristiger intensiver Besatz vor Beginn der Vegetationsperiode den Blütenreichtum und führt gekoppelt mit einer Stoßbeweidung am Ende der Vegetationsperiode zu einer starken Aushagerung der Fläche“ (ebda.). Auch Jedicke (2015, S. 46) hebt hervor: „Mahd ist stets mit hohen Tierverlusten verbunden, Beweidung hingegen in wesentlich geringerem Maße“.

Damit die Fläche nicht durch Nährstoffe angereichert wird sollten die „Hinterlassenschaften“ der Tiere regelmäßig abgetragen werden (Pferdehalter werden das für eine Weidehygiene wichtige „Abäppeln“ kennen). Gleichzeitig wiederum dient der Dung der Tiere verschiedenen Insekten auch als Nahrungselement. Durch eine schonende Beweidung und die „Hinterlassenschaften“ der Tiere wird ein weiterer positiver Effekt für Insekten und Folgenutzer erzielt. So wurde ermittelt, dass durch eine Weidenutzung beispielsweise ein Anstieg von Fledermausarten verzeichnet werden kann, welcher mit sog. „koprophagen“ Insekten in Verbindung gebracht wird (Schorcht et al. 2003). Durch eine Beweidung entstehen durch den Verbiss der Tiere Offenstellen. Davon profitieren insbesondere Heuschrecken und Tagfalter-Arten. „Beweidete Sandrasen sind zudem deutlich blütenreicher als unbeweidete Flächen, sodass auch das Blütenangebot für Wildbienen langfristig scheint. Eine hohe Wildbienen-Diversität korreliert mit geringer Vegetationsdeckung, und trockenen, offenen Bodenverhältnissen“ (Lorenz, Tischew 2015, S. 92). „Beweidung fördert durch kleinräumig variierende Weideintensität in Verbindung mit standörtlichen Differenzierungen wesentlich stärker als reine Mahdsysteme die Ausbildung von Lebensraumkomplexen (…). Eine Reihe von Ressourcen können allein Weideregime bereitstellen: Dung (z.B. als Nahrungsressource für Dungkäfer und -fliegen sowie Substrat für Pilze), (…) Tierpfade und allgemein Offenbodenstellen, überständige Pflanzenstängel (z.B. als Überwinterungshilfe für Wirbellose) (…)(Jedicke 2015, S. 46, vgl. auch LLUR 2010, S.9).

Über den Winter lässt Du, nach der Mahd, die Fläche einfach so wie sie ist. Schön ist es wenn Du eine Teilfläche mit Stängeln als Bruthilfe stehen lässt. Wenn Du eine mehrjährige Saatgutmischung ausgesät hast, dann wird es auf der gemähten Fläche im Frühjahr wieder blumig bunt. Du wirst überrascht sein, wie sich die Fläche im Laufe der Jahre verändert. Je nach Saatgut gibt es Mischungen, welche auf 10-15 Jahre ausgelegt sind. Sollte es sich jedoch um eine einjährige Mischung handeln, dann empfiehlt es sich nach der letzten Spätsommer-Saat das Saatgut aus dem Mahdgut „auszuschütteln“ und leicht in den Boden zu harken.

Quellen:

Berthold, P. (2017): Unsere Vögel. Warum wir sie brauchen und wie wir sie schützen können.

Bucharova A., Michalski S.G., Hermann J.M., Heveling K., Durka W., Hölzel N., Kollmann J., Bossdorf O. (2016): Genetic differentiation and regional adaptation among seed origins used for grassland restoration: lessons from a multispecies transplant experiment. Journal of Applied Ecology, DOI: 10.1111/1365-2664.12645

Durka W., Michalski S.G., Berendzen K.W., Bossdorf O., Bucharova A., Hermann J.M., Hölzel N., Kollmann J. (2016): Genetic differentiation within multiple common grassland plants supports seed transfer zones for ecological restoration. Journal of Applied Ecology, DOI: 10.1111/1365-2664.12636

Holler, M. (2017): Blumenwiesen für Bienen und Co. In: bienen&natur. 8/2017. 32-33

Holler, M. (2018): Die Mischung machts In: bienen&natur. 1/2018. 36-37

Jedicke, E. (2015): Einführung Lebensraumtypen. In: Bunzel-Drüke, M.; Böhm, C.; Ellwanger, G.; Finck, P. et al., Naturnahe Beweidung und Natura 2000. S. 45-53

LLUR, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (2010), Beweidung von Offen- und Halboffenbiotopen

Lorenz, A.; Tischew, S. (2015): Trockene kalkreiche Sandrasen. In: Bunzel-Drüke, M.; Böhm, C.; Ellwanger, G.; Finck, P. et al., Naturnahe Beweidung und Natura 2000. S. 45-53

Netzwerk Blühende Landschaft (2016). Infoflyer. Standortwahl und sorgfältige Bodenvorbereitung für Blühflächen (Oktober 2016)

Schorcht, W.; M. Biedermann M.; I. Meyer, I.; Reisinger E.(2003): „Extensives Weideland“ – auch Lebensraum für Fledermäuse? Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 40: 41-47

Segerer, A.; Rostenkranz E. (2018): Das große Insektensterben. Was es bedeutet und was wir jetzt tun müssen

Spatz, A.-K. (2017): Gemeinsam blühen lassen. In: bienen&natur. 7/2017. 20-21